Der Landauer Segelflugpilot Henrik Bieler (42) fliegt in diesem Jahr auf der Segelflug-Weltmeisterschaft in Australien mit. Wir haben mit ihm telefoniert.
Es ist nicht leicht, einen Telefontermin mit einem Wettbewerbspiloten zu finden, der sich auf der anderen Seite der Welt befindet. Um 21:15 Uhr deutscher Zeit klingelt jedoch wie vereinbart das Telefon. Es grüßt Henrik Bieler, der gerade aufgestanden ist und sich soeben seinen ersten Kaffee gebraut hat.
Als Gewinner in der 15-Meter-Klasse der diesjährigen deutschen Segelflugmeisterschaft in Zwickau qualifizierte sich Bieler (42) im vergangenen Sommer zum ersten Mal für die Weltmeisterschaft. Seit dem 3. Dezember wird in Narromine, Australien, täglich eine neue Aufgabe gestellt. Diese muss von den teilnehmenden Piloten mit der höchsten Durchschnittsgeschwindigkeit absolviert werden. Bis zum 16. Dezember sammeln die Piloten Punkte. Derjenige mit den meisten Punkten wird Weltmeister seiner Klasse im Segelflug. Stand Sonntag (10.12.) hat sich Henrik Bieler auf den zweiten Platz der Gesamtwertung geflogen. Eine unglaubliche Leistung für die erste Weltmeisterschaft.
Auf die Frage, wie es ihm ginge, muss Henrik hörbar ausatmen. Das australische Klima sowie den Wettbewerbsalltag bezeichnet er als „anstrengend“. Jeden Tag herrschen dort Temperaturen von über 40 °C. Kleinigkeiten, die man als Mitteleuropäer zuvor gar nicht auf dem Schirm hatte, werden dort schnell zum Problem. So soll sich das deutsche Klebeband, das zur Abdichtung der Spalten am Flugzeug und somit zur Verbesserung der Gleitleistung genutzt wird, aufgrund der Hitze gelöst haben. Zum Glück haben die australischen Piloten ausreichend Klebeband dabei und können aushelfen.
Henriks Tag beginnt mit einem Kaffee und einem Telefonat mit seiner Frau (wenn nicht gerade ein Interview für die Rheinpfalz ansteht). Anschließend bereitet er sein Flugzeug vor. Nach dem Frühstück holt sich Henrik beim Briefing mit der Wettbewerbsleitung seine Aufgabe ab.
Henrik ist nicht alleine in Narromine. Er ist Teil der deutschen Nationalmannschaft, in der auch einige andere qualifizierte Piloten mitfliegen. Die Mannschaft wird von den erfahrenen Piloten Bernd Schmid und Claus Triebel gecoacht. Das Team bespricht die anstehenden Strecken, das Wetter sowie luftrechtliche Besonderheiten.
Die Organisation um die Weltmeisterschaft ist viel aufwändiger, als Bieler es noch von seinen deutschen Wettbewerben kennt. So mussten bereits vor mehreren Monaten die Flugzeuge aufwändig in eigens dafür umgebaute Schiffscontainer eingepackt und rechtzeitig verschifft werden.
Gegen Mittag geht es dann schon an den Start. In der Regel sind die Wertungsstrecken bis zu 550 km lang. Henrik berichtet, dass die durch die senkrecht stehende Sonne ausgelöste Thermik viel stärker ist, als er es aus Deutschland kennt. Außerdem kommt er mit seinem Flugzeug auf Höhen von bis zu 4000 m. Dort gehört die Sauerstoffbrille zur Pflichtausrüstung.
Auf der Weltmeisterschaft wird sehr taktisch geflogen. Flog Henrik bei bisherigen Wettbewerben eher nur für sich und seinen Teamkollegen, kreisen jetzt über Narromine viele Piloten sehr eng in einem gemeinsamen Aufwindbereich. Henrik muss fast dauerhaft heraus schauen und aufpassen, dass man sich nicht in die Quere kommt. Der Wettbewerb hat hier schon mehr von einem „Rennen“, wie es die meisten wohl aus der Formel-1 kennen. Das zeigt auch die Wertung, denn nicht selten trennen die ersten fünf Platzierten nur sehr wenige Punkte voneinander.
Nach bis zu fünf Stunden landet Henrik wieder in Narromine. Das Flugzeug wird gesäubert und für die Nacht gesichert. Danach schnell zum Abendessen, ein Mal in den Pool springen, vielleicht noch ein alkoholfreies Bier und dann direkt ab in’s Bett.
Von Land&Leute kriegt Henrik somit abgesehen von der schönen Aussicht so gut wie gar nichts mit. Der Tagesablauf ist einfach zu stramm. Nur an einem Ruhetag konnte er sich gemeinsam mit anderen Piloten seiner Mannschaft eine Tropfsteinhöhle in der Nähe anschauen. Mit den Piloten der anderen Teams kommen die deutschen Teilnehmer nur selten in Kontakt, was auch gewollt sei, so Henrik, denn es soll sich ein Teil der Wettbewerbsleitung mit Corona angesteckt haben.
Mittlerweile sei Henrik noch sehr entspannt, berichtet er. Sein Ziel war es, unter die Top-10 zu kommen, was ihm mit seinem zweiten Platz bisher gut gelungen ist. Je nachdem, wie die kommenden Tage ablaufen werden, könnte es aber noch spannend werden, sagt er.
Ein Blick auf die Uhr zeigt, dass es bei Henrik bereits 07:50 Uhr ist. Sein Team wartet. Wir legen schnell auf.
Text: Tonio Stührenberg
Comments are closed